DDR, Sommer 1989: Der Damenschneider Adam und die Kellnerin Evelyn wollen Urlaub am Balaton in Ungarn machen. Da erwischt Evelyn ihren Freund, wie er sie betrügt. Kurzerhand fährt sie mit ihrer besten Freundin Simone und deren Cousin aus dem Westen nach Ungarn. Adam fährt ihr hinterher, lernt unterwegs Katja kennen und schmuggelt sie über die Grenze. Am See angekommen, erfahren die Urlauber, dass Ungarn die Grenze zu Österreich geöffnet hat – Evelyn begreift dies als Chance auf ein neues Leben, während Adam sich mit der plötzlichen Veränderung nicht anfreunden kann. Die Grenzen sind offen, ebenso wie die neuen Möglichkeiten für Adam und Evelyn, zu entscheiden, in welcher Welt - Ost oder West - sie ein glückliches Leben aufbauen wollen.
„Die Lage in unserer Budapester Botschaft ist prekär“, äußerte sich ein Bonner Regierungsbeamter am 15. Juli 1989, als etwa 30 DDR-Bürger, unter ihnen Familien mit Kindern, in die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Budapest flüchteten, um ihre Ausreise in den Westen zu erzwingen. In den Tagen und Wochen davor waren immer mehr DDR-Bewohner über die österreichisch-ungarische Grenze gekommen, nachdem Ungarn begonnen hatte, den Grenzzaun abzubauen. Offizielle Stellungnahmen gab es nicht dazu, doch die westlichen Fernseh- und Radionachrichten machten schnell ihr Hauptthema daraus, sodass es auch in der DDR wahrgenommen wurde.
In „Adam & Evelyn“ hört man diese Radiomeldungen immer wieder im Hintergrund, doch zumindest in der ländlichen Idylle Brandenburgs versetzen sie niemanden sonderlich in Aufregung. Im Gegenteil: Es ist Sommer, auch Adam und Evelyn wollen nach Ungarn – in die Ferien, an den Balaton. Dann aber kommt es zum Streit, und viel später wird Evelyn sagen, dass es eine normale „Männer-Frauen-Geschichte“ gewesen sei, und doch geht es um mehr: „Adam & Evelyn“ macht sichtbar, wie historische Ereignisse auch die Wege der Liebe beeinflussen.
Der Film entstand nach dem gleichnamigen Roman von Ingo Schulze (2008), der das innere und äußere Geschehen kunstvoll in viele pointierte Dialoge auflöst. Andreas Goldstein (Regie) und Jakobine Motz (Co-Autorin, Kamera, Schnitt) wählen daraus sehr genau aus und setzen den Gesprächen die Wirkkraft subtiler visueller und akustischer Verdichtungen entgegen. In langen Einstellungen wirken Zeit und Raum mitunter wie eingeschweißt, und schon der paradiesisch anmutende Garten, aus dem sich Adam und Evelyn aufmachen, spricht von einem ganz anderen Lebensrhythmus: vom Rauschen des Windes, vom Summen und Zirpen der Insekten, vom Zwitschern der Vögel. Während der Autofahrt blickt Adam immer wieder aus dem Seitenfenster in die weite Landschaft, wie eine verblassende Erinnerung an den ganz und gar unpolitischen Urzustand fernab von inzwischen überstrapazierter Begriffe wie „Unrechtsstaat“.
Landschaften, Blicke, Gesten, Gespräche: Im entschleunigten Erzählrhythmus des Films verknüpft sich alles hintergründig zu einem Netz aus Auslassungen und Leerstellen. Man muss es sich vorstellen, zu sehen ist es oft nicht. Mitunter aber zu hören: Quasi als kulturhistorische Zitate zur politischen Wetterlage dringen die aktuellen Radiomeldungen „in die Bilder“, bis man am Ende Walter Momper hört, auf einer Kundgebung am 10. November 1989, dem Tag nach dem Mauerfall: „Wir Deutschen sind jetzt das glücklichste Volk auf der Welt!“ Was aber bedeutet „Glück“, nicht nur im rhetorischen Auftritt eines Politikers?
„Adam & Evelyn“ deutet an, dass es am Ende gar nicht um „den Westen“ und „den Osten“ gehen könnte, nicht um Kapitalismus oder Sozialismus, sondern um Grundlegenderes. Nicht das System macht einen Menschen glücklich und frei. Adam verliert mit der Wende, was ihm wichtig ist, seine Liebe, seine Freiheit, sein Glück.
DDR, Sommer 1989: Der Damenschneider Adam und die Kellnerin Evelyn wollen Urlaub am Balaton in Ungarn machen. Da erwischt Evelyn ihren Freund, wie er sie betrügt. Kurzerhand fährt sie mit ihrer besten Freundin Simone und deren Cousin aus dem Westen nach Ungarn. Adam fährt ihr hinterher, lernt unterwegs Katja kennen und schmuggelt sie über die Grenze. Am See angekommen, erfahren die Urlauber, dass Ungarn die Grenze zu Österreich geöffnet hat – Evelyn begreift dies als Chance auf ein neues Leben, während Adam sich mit der plötzlichen Veränderung nicht anfreunden kann. Die Grenzen sind offen, ebenso wie die neuen Möglichkeiten für Adam und Evelyn, zu entscheiden, in welcher Welt - Ost oder West - sie ein glückliches Leben aufbauen wollen.
„Die Lage in unserer Budapester Botschaft ist prekär“, äußerte sich ein Bonner Regierungsbeamter am 15. Juli 1989, als etwa 30 DDR-Bürger, unter ihnen Familien mit Kindern, in die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Budapest flüchteten, um ihre Ausreise in den Westen zu erzwingen. In den Tagen und Wochen davor waren immer mehr DDR-Bewohner über die österreichisch-ungarische Grenze gekommen, nachdem Ungarn begonnen hatte, den Grenzzaun abzubauen. Offizielle Stellungnahmen gab es nicht dazu, doch die westlichen Fernseh- und Radionachrichten machten schnell ihr Hauptthema daraus, sodass es auch in der DDR wahrgenommen wurde.
In „Adam & Evelyn“ hört man diese Radiomeldungen immer wieder im Hintergrund, doch zumindest in der ländlichen Idylle Brandenburgs versetzen sie niemanden sonderlich in Aufregung. Im Gegenteil: Es ist Sommer, auch Adam und Evelyn wollen nach Ungarn – in die Ferien, an den Balaton. Dann aber kommt es zum Streit, und viel später wird Evelyn sagen, dass es eine normale „Männer-Frauen-Geschichte“ gewesen sei, und doch geht es um mehr: „Adam & Evelyn“ macht sichtbar, wie historische Ereignisse auch die Wege der Liebe beeinflussen.
Der Film entstand nach dem gleichnamigen Roman von Ingo Schulze (2008), der das innere und äußere Geschehen kunstvoll in viele pointierte Dialoge auflöst. Andreas Goldstein (Regie) und Jakobine Motz (Co-Autorin, Kamera, Schnitt) wählen daraus sehr genau aus und setzen den Gesprächen die Wirkkraft subtiler visueller und akustischer Verdichtungen entgegen. In langen Einstellungen wirken Zeit und Raum mitunter wie eingeschweißt, und schon der paradiesisch anmutende Garten, aus dem sich Adam und Evelyn aufmachen, spricht von einem ganz anderen Lebensrhythmus: vom Rauschen des Windes, vom Summen und Zirpen der Insekten, vom Zwitschern der Vögel. Während der Autofahrt blickt Adam immer wieder aus dem Seitenfenster in die weite Landschaft, wie eine verblassende Erinnerung an den ganz und gar unpolitischen Urzustand fernab von inzwischen überstrapazierter Begriffe wie „Unrechtsstaat“.
Landschaften, Blicke, Gesten, Gespräche: Im entschleunigten Erzählrhythmus des Films verknüpft sich alles hintergründig zu einem Netz aus Auslassungen und Leerstellen. Man muss es sich vorstellen, zu sehen ist es oft nicht. Mitunter aber zu hören: Quasi als kulturhistorische Zitate zur politischen Wetterlage dringen die aktuellen Radiomeldungen „in die Bilder“, bis man am Ende Walter Momper hört, auf einer Kundgebung am 10. November 1989, dem Tag nach dem Mauerfall: „Wir Deutschen sind jetzt das glücklichste Volk auf der Welt!“ Was aber bedeutet „Glück“, nicht nur im rhetorischen Auftritt eines Politikers?
„Adam & Evelyn“ deutet an, dass es am Ende gar nicht um „den Westen“ und „den Osten“ gehen könnte, nicht um Kapitalismus oder Sozialismus, sondern um Grundlegenderes. Nicht das System macht einen Menschen glücklich und frei. Adam verliert mit der Wende, was ihm wichtig ist, seine Liebe, seine Freiheit, sein Glück.